Kürzlich hatte ich einen interessanten Austausch mit einem Online-Shop. Es ging um die Abweichung seiner Google Analytics Reports mit den durch seine Marketing-Kanälen gelieferten Zahlen. In seinem Fall betraf dies PSMs (Preissuchmaschinen-Marketing), seine Social-Kanäle (Facebook, Instagram) und sein Affiliate-Programm. Aufgrund der Breite an Marketing-Kanälen bei der das Problem auftrat wurde ich hellhörig. Also fragte ich ihn ob er in seinen Google Analytics-Reports auch Zahlungsdienstleister wie Paypal, Sofortüberweisung etc. sehen würde. Als er dies bejahte wusste ich sofort wo das Problem liegt.
Update (01.11.2019): Der Artikel wurde auf Hinweis von Markus Baersch ergänzt.
Es handelt sich um ein altbekanntes Problem, dass erstmalig 2014 auftrat und bereits in zahlreichen Blogs wie z.B. hier, hier, hier und hier ausführlich beschrieben wurde. Das Grundproblem ist eine falsche Attribution des Einkaufs durch das Überschreiben der Quelle in Google Analytics sobald ein Kunde die Zahlungsabwicklung über einen externen Zahlungsdienstleister startet.
Problem erkennen
Ob man selbst von dem Problem betroffen ist, lässt sich sehr einfach herausfinden. Einfach in Google Analytics auf “Akquisition > Alle Zugriffe > Verweise” wechseln und nachsehen ob hier einer der genutzten Zahlungsdienstleister auftauchen.
Ursache
Um den Grund hierfür nachvollziehen zu können, muss man verstehen wie Google Analytics (GA) User-Sessions behandelt. Aus Sicht von GA ist eine Session ein zeitlich limitierter Besuch (meist 30 Minuten), der mit dem Besuch eines Users auf einer Seite beginnt und mit dem Verlassen (oder dem Timeout) endet. Beim Einstieg ermittelt GA wer, wann, wie, wo und vor allem woher eingestiegen ist. All diese Informationen werden erfasst und im Session-Cookie gespeichert.
Ein Beispiel: Klickt ein User auf everysize.com auf den “Zum Shop”-Button und wird auf das gewählte Produkt im Partner-Shop weitergeleitet so beginnt für GA die Session des Users im Shop und als Referral wird “everysize.com” vermerkt. GA wertet nun jede Interaktion des Users dem Referral “everysize.com” zu. Irgendwann legt sich der Kunde ein Produkt in den Warenkorb, startet den Bestellprozess und gelangt dann zu den Zahlungsarten. Hier wählt er dann z.B. Paypal.
Ab hier wird es spannend: Sobald der Prozess “Zahlung per Paypal” gestartet wird, verlässt der Kunde nämlich die Seite des Händlers und wird auf “paypal.com” weitergeleitet wo er die Zahlung abwickelt. Nach Abschluss der Zahlung wird er dann von Paypal zum Händler zurückgesendet der anschließend die Bestellbestätigung oder den finalen Bestellabschluss anzeigt.
Für Google Analytics war das Verlassen der Händler-Webseite jedoch das Ende der Session und das “zurücksenden” von Paypal zum Händler löste somit eine neue Session mit dem Referral “paypal.com” aus! Ergo wurde dem Kanal everysize.com nur die Akquisition- und Verhalten-Werte (z.B. Sitzungen) zugewiesen, nicht jedoch die Conversion! Stattdessen wurde eine zusätzliche Quelle für “paypal.com” erzeugt dem dann die Conversion zugerechnet wurde.
Konsequenzen
Das Ergebnis ist, dass man seine Marketing-Kanäle bei der Analyse via Google Analytics unter- wenn nicht sogar komplett falsch bewertet. Die Conversions werden fälschlicherweise Zahlungsdienstleister zugewiesen die i.d.R. aber gar keine Traffic-Quellen sind, sondern lediglich für die Abwicklung der Zahlung dienen sollen. Wenn man also von dem Problem betroffen ist und sich rein auf seine GA-Zahlen verlässt, erhält man ein falschen Ergebnis über die Performance der verschiedenen Marketing-Kanäle und trifft im schlimmsten Fall sogar falsche Entscheidungen, z.B. wenn es darum geht Kanäle zu skalieren.
Betroffene Referrals
Das Problem tritt im Grunde bei allen externen Service-Dienstleister auf bei denen der Kunde im Bestellprozess kurzzeitig den eigenen Shop verlässt, darunter beispielsweise:
- Paypal
- amazon Pay
- Sofortüberweisung
- Mastercard Secure
- Verified by Visa
- Giropay
Lösung
Glücklicherweise lässt sich das Problem relativ einfach lösen. Man muss Google lediglich mitteilen welche Domains NICHT als Referrals aufgelistet werden sollen. GA ignoriert dann automatisch diese Domains und unterbricht die Session nicht mehr. Diese Einstellung erfolgt im Google Analytics-Account unter “Verwaltung > Property > Tracking-Informationen > Verweis-Ausschlussliste”.
Hier kann man dann jede Domain eintragen die ignoriert werden soll, beispielsweise “paypal.com”, “sofort.com”, “amazon.de”,…
Update (01.11.2019):
Markus Baersch von analytrix.de hat mich auf den Blog-Beitrag “#GTMTips: Referral Exclusion On Receipt Page” aufmerksam gemacht in dem beschrieben wird wie man alle externen Referrals auf einmal ausschließen kann. Sehr hilfreich – unbedingt anschauen! Vielen Dank an Markus!
Tipps & Tricks
- Bei Giropay hängt die zu verwendende Domain von der jeweiligen Bank ab. Es kann also nötig sein mehr als eine Domain zu hinterlegen. Beispiele: giropay.berliner-sparkasse.de, giropay.sparkasse-frankfurt.de, giropay.finanzportal.fiducia.de usw.
- Im Blog-Beitrag Universal Analytics – das Problem mit den (Payment-) Referrals auf sunlab.de habe ich entdeckt, dass es auch einen UTM-Parameter gibt den man an die “Return-URL” des Zahlungsdienstleisters anhängen kann. Mit “&utm_nooverride=1” kann man GA mitteilen, dass der ursprünglich gesetzte Referrer nicht überschrieben werden soll. Es ist allerdings fraglich ob dieser Parameter offiziell noch unterstützt wird oder ob deprecated ist, siehe dieser Kommentar.
- Die Option “Verweis-Ausschlussliste” in Google Analytics funktioniert
nur mit dem 2015 eingeführten “Google Universal Analytics”-Tag. Diesen erkennt man daran, dass das GA-Javascript “analytics.js” oder “gtag.js” verwendet wird. Bei der alten Version (ga.js) greifen die Einstellungen nicht! Hier müssen die Referrer VERMUTLICH via _addIgnoredRef direkt im JavaScript-Code ausgeschlossen werden (ACHTUNG UNGETESTET!) . Google weist darauf sowohl in der Hilfe hin, als auch direkt in der “Verweis-Ausschlussliste”:
Auch wenn es sich bei dem Thema eher um einen “alten Hut” handelt, ist es doch wichtig, dass immer mal wieder in Erinnerung zu rufen. Google Analytics ist ein extrem mächtiges aber auch umfangreiches Tool das korrekt konfiguriert gehört. Bei einer falschen Konfiguration können ansonsten schnell Fehlentscheidungen getroffen werden. Ich hoffe ich konnte mit diesem Beitrag dem einen oder anderen weiterhelfen und freue mich über Feedback.
Update (08.12.2020):
Das selbe Problem besteht im Übrigen nicht nur bei Payment-Lösungen, sondern auch bei Social-Logins wie z.B. Facebook, Google oder auch Apple-Login! Siehe “Excluding Facebook and Google social sign-in from your referrals with Google Analytics“