Wie der Google Tag-Manager und Cookie-Weichen das Tracking verfälschen (5/7)

Google Tag Manager
Modifiziertes Bild von “11 Reasons Why You Should Use Google Tag Manager”

Vorweg: Ich bin ein großer Fan vom Google Tag-Manager (GTM). Es ist ein großartiges und mächtiges Tool, dass einem als Entwickler einiges an Arbeit erspart und viele Aufgaben an das Marketing auslagern kann – zumindest bei entsprechender Schulung.

Aber was genau ist ein Tag-Manager? Lt. dem Ryte Wiki ist ein “Tag Management (deutsch: Tag-Verwaltung) eine Möglichkeit im Online Marketing, Tags mithilfe spezieller Container automatisiert auszutauschen, ohne bei jeder Änderung in die Programmierung einer Website eingreifen zu müssen.”. Für gewöhnlich wird ein Tag-Manager per JavaScript in die Seite eingebunden. Anschließend kann man über eine Weboberfläche beliebige weitere JavaScripte oder andere Tags einbinden und anschließend über Bedingungen und Regeln die Auslieferung steuern. Randnotiz (wichtig für später): i.d.R. erfolgt die Auslieferung des Tag-Managers über eine cookie-lose Domain – sprich der Tag-Manager an sich benötigt keine eigenen Cookies.

“Single Point of Failure”

So praktisch Tag-Manager (z.B. GTM) auch sind – es gibt aber ein Problem: sie stellen einen “Single Point of Failure” für die Online-Attribution dar. Fällt dieser aus z.B. indem er geblockt wird, fallen alle dahinterliegenden Trackings ebenfalls aus. Nun könnte man argumentieren, dass wenn GTM blockiert wird, ja auch alle anderen Tracker sowieso blockiert werden – das stimmt auch für die bekanntesten Tracker wie Google Analytics, Facebook, Pinterest, eTracker & Co. – für weniger populäre Dienste und Tracking-Lösungen wie z.B. Direkt-Kooperationen oder Custom-Events auf einer Seite, stimmt das aber nicht.

Der Brave-Browser blockiert GTM standardmäßig
Der Brave-Browser blockiert GTM standardmäßig

So gibt es einige kleinere Affiliate-Netzwerke oder auch Private-Programme die nicht auf der Blockierliste von Easylist & Co. stehen. Auch Direkt-Kooperationen, z.B. unser Tracking-Pixel das wir unseren Partner-Shops im Zuge einer Auftragsdatenverarbeitung (DSGVO) zur Verfügung stellen, steht nicht auf der Sperrliste. Werden diese Tracking-Pixel aber über den GTM eingebunden, werden sie, quasi indirekt, trotzdem blockiert.

Wie groß das Problem bzw. die Ausfallrate ist, lässt sich leider nicht pauschal ermitteln. Es hängt davon ab welche Dritt-Dienste man nutzt (ob diese geblacklistet sind) und von der AdBlock-Rate der jeweiligen Seite. Eine interessante Analyse liefert aber Tom Capper mit seinem Artikel “How Much Data Is Missing from Analytics? And Other Analytics Black Holes”. Nach seinen Messungen liegt die Tracking-Abweichung beim Einsatz von GTM bei ca. 5%.

Unterschied Tag-Manager vs. Tracking-Weichen

Einen viel größeren Effekt auf die Online-Attribution als Tag-Manager haben aber die sogenannten “Cookie- oder auch Tracking-Weichen”:

“Eine Trackingweiche ist ein Container, der mehrere Code-Snippets (Trackingpixel und Skripte) verwaltet und anhand vorher definierter Regeln veröffentlicht. Der Code der Weiche muss auf allen Unterseiten eingebunden sein und intern müssen die möglichen Transaktionspixel (z.B. verschiedene Affiliate Pixel, Facebook- und AdWords Conversion Pixel) hinterlegt werden. Außerdem sind Regeln zu definieren, die die Hierarchien zwischen den einzelnen Pixeln festlegen (Attributionsmodell).”
Quelle: Projector-Blog

Ähnlich zum Tag-Manager stellt eine Tracking-Weiche eine Art Container dar. Während aber ein Tag-Manager typischerweise auf der gesamten Seite eingebunden ist und primär einzelne (Zusatz-) Funktionen aussteuern soll, kümmert sich die Tracking-Weiche um die Attribution. Ihr Einsatz beginnt daher i.d.R. bereits VOR der Webseite und endet mit dem Abschluss einer Aktion (z.B. Einkauf). Ein Tag-Manager benötigt für gewöhnlich kein Cookie oder sonstige Funktionen zur Wiedererkennung eines Users – eine Tracking-Weiche dagegen schon. Sie basiert fast immer auf irgendeiner Art von Identifikationsmerkmal (Cookie, Fingerprinting etc.).

Vereinfachte Darstellung einer Tracking-Weiche und -Container
Vereinfachte Darstellung einer Tracking-Weiche und -Container

Anhand des Schaubild erkennt man, dass die Tracking-Weiche für gewöhnlich bereits vor dem Shop aufgerufen wird – sprich der Händler verwendet in seinen Paid-Kanälen nicht die direkten Links zu seinen Angeboten, sondern nutzt Tracking-Links des Tracking-Anbieters mit dem er arbeitet. 

Beim Aufruf der Tracking-Weiche wird dieser erfasst und mit der Source der Kampagnen für gewöhnlich in ein Cookie geschrieben. Kommt es zu einem Abschluss (z.B. Einkauf), prüft der Tracking-Container des Tracking-Anbieters ob und woher der Kunde stammt – dazu liest er das gesetzte Cookie aus. Basierend auf der Source werden dann “on-the-fly” weitere Tracking-Pixel ausgelöst.

Zugegeben – diese Darstellung ist ein extrem vereinfachtes Modell der Wirklichkeit und stellt lediglich die einfachste Variante basierend auf einem 3rd-Party Cookie dar. In der Realität gibt es diverse, deutlich komplexere Lösungen um das Tracking entweder zu verbessern oder schlicht um Anti-Tracking-Lösungen (z.B. ITP/ETP) zu umgehen. Dazu zählen beispielsweise Fingerprinting, Local Storage, 1st Party Cookie per JS-Include oder CNAME- oder Server-Side-Tracking, Master-Tags etc.

Am grundsätzlichen Ablauf ändert sich aber nicht viel – die Tracking-Weiche identifiziert die Quelle und den User und entscheidet am Ziel basierend auf diesen Informationen über die Attribution.

Wo liegt das Problem?

Es gibt eine Vielzahl von Tracking-Lösungen die entweder als eigenständige Lösung oder als zusätzliches Feature anderer Produkte angeboten werden – sei es eTracker, DoubleClick, Ingenious Technologies oder auch Multichannel-Anbieter wie Channelpilot, DataFeedWatch u.a. Auch stellen manchmal Agenturen und Dienstleister Eigenentwicklungen bereit. Das Problem entsteht auch gar nicht bei den Lösungen an sich, sondern bei der mangelnden Wartung bzw. Anpassung an neue Gegebenheiten – und zwar nicht durch die Anbietern, sondern durch die Kunden selbst!

Eine gute Tracking-Lösung passt sich nämlich laufend den Marktgegebenheiten an und reagiert auf Veränderungen: ITP/ETP, SameSite-Cookie-Update, 3rd-Party Cookie-Problematik – nur um mal ein paar Herausforderungen der letzten Monate zu nennen. Allerdings können nicht alle Anpassungen ausschließlich auf Seiten des Tracking-Dienstleisters erfolgen – bei manchen muss auch der Kunde reagieren und eine bereits implementierte Lösung ggf. überarbeiten. Als Beispiel sei hier Master-Tag- oder CNAME-Tracking genannt.

Viele Kunden scheuen aber den Aufwand oder zögern die Anpassungen hinaus mit dem Risiko in eine “Single-Point-of-Failure”-Situation zu geraten – fällt nämlich die Tracking-Weiche aus – beispielsweise durch Privacy-Blocker – geht die komplette dahinterliegende Attribution verloren.

Was soll ich tun?

Wie anfänglich erwähnt bin ich ein Fan des Google Tag-Manager – auch Tracking-Weichen & -Container finde ich per se eine gute Sache. ABER: Man darf nicht der Meinung sein, dass man diese nur einmal einbindet und dann der Tracking-Provider alles managed. Man muss empfohlene Updates auch umsetzen – auch wenn diese mal umfangreicher sind. Ansonsten riskiert man einen schleichenden Verlust der Tracking-Qualität, was sich wiederum auf die Attribution und damit auch auf die Entscheidungsfindung vor allem bei Paid-Kanälen auswirkt.

Autor: Eugen

CTO & Co-Founder of everysize.com